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Utopie ist machbar, Herr Nachbar ———— Utopie ist machbar, Herr Nachbar

Was ist meine persönliche Motivation

Was ist meine persönliche Motivation

zum Wunsch, in Gemeinschaft zu leben?

Ausschließlich in Ehe & Kleinfamilie mein Leben zu verbringen, hatte mich schon als Kind und Jugendliche überhaupt nicht gereizt. Ich fragte mich immer wieder, warum alle anderen so scharf auf die Liebe fürs Leben sind. Eine Zweierbeziehung kann wunderbar sein, doch ausschließlich? Nee, das wollte ich sicher nicht! Das schwamm allerdings eher diffus in meinem Kopf herum – ich hatte keine Idee, wie es anders funktionieren könnte. Später als Teenie las ich anthropologische Literatur über Naturvölker (Margaret Mead etc), und war fasziniert von der Idee, als Stamm zusammen zu leben, glaubte aber noch nicht daran, dass das in der westlichen Welt möglich wäre.

Und dann entstand die Hippie-Kultur! Ich war 15 Jahre alt und lebte auf dem Land: die ersten Landkommunen entstanden in der Nähe, misstrauisch bestaunt von der alteingesessenen Bevölkerung. Jaaa, so wollte ich leben!

Unsere erste Stadt-WG entstand als ich 19 war, zusammen mit einer Freundin. Arbeiten taten wir in einem großen Freak-Café, das als anarchistisches Kollektiv geführt wurde und 15 Jahre rund 20 wechselnden Personen ihren Lebensunterhalt sicherte – und nur deshalb endete, weil der Mietvertrag auslief. Meiner Meinung nach funktionierte dieses Kollektiv, weil es ein wöchentliches Plenum gab, “Talk” genannt, in dem unter anderem die Arbeits-Schichten für die folgende Woche aufgeteilt wurden. Der wichtigste Part war jedoch der Gesprächsteil, in dem jeder jedem alles sagte, was ihm nicht passte - teilweise flogen ziemlich die Fetzen, doch dadurch stauten sich nie Agressionen auf.  —–  In unserer WG wurden wir ohne unser Zutun mehr, alte Freunde tauchten auf und blieben. Wir suchten ein Zuhause auf dem Land, fanden ein Hexenhäuschen im Wald und wurden stetig mehr Menschen & Tiere.

Für eine „richtige“ Landkommune reisten zwei von uns durch Deutschland auf der Suche nach dem passenden Platz – und wurden im bayrischen Wald, einsam auf einem Berg gelegen fündig. Letztlich scheiterte unser Traum an unserer Blauäugigkeit: mangelnde Erfahrung in Landwirtschaft und Gemeinschaftsleben. Immer dieselben Leute leisteten anfallende Arbeiten oder besorgten Geld und andere widmeten sich „Rauchwaren“. Wir waren nicht in der Lage, unseren alten Schulfreunden klar zu machen, dass es so nicht klappt und die Gemeinschaft löste sich auf. Trotzdem habe ich in diesen Zeiten sagenhaft viel gelernt über zwischenmenschliche Strukturen und über mich selbst.

In einem Bauwagen-Dorf erlebte ich danach traumhaft schöne Zeiten in lockerer Gemeinschaft im norddeutschen Flachland. Da jeder sein eigenes Zuhause und damit seinen komplett privaten Bereich hatte, waren Auseinandersetzungen so selten, dass sie leicht gelöst werden konnten.

Um in einen Ashram einzutreten, verließ ich sie: eine total andere Welt. Anfangs wohnten wir mit 40 Personen dicht an dicht in Bambushütten – als wir mehr wurden, hatten wir mehr Platz, doch teilten sich immer 2 Mitglieder einen Raum. Wenn man so dicht mit geliebten Freunden zusammen lebt, lernt man Akzeptanz & Toleranz – vor allem deswegen, weil man sich selbst sehr gut kennen lernt: die eigenen Macken und auch die eigenen Stärken – beides Eigenschaften, die in unserer Hochzivilisation oft unter den Tisch fallen. Das tägliche Leben war klar strukturiert, gemeinsames Essen, geregelte Arbeitszeiten und Meditation. Und trotz alledem: wie oft haben wir zusammen gelacht, geblödelt und Unsinn gemacht – viel mehr, als ich später in anderen Arbeitsumfeldern je erlebt habe. Wir arbeiteten oft 10 Stunden und haben es nie als Arbeit empfunden, da jeder in seinem Wunschgebiet tätig war – nach meinen eigentlichen Aufgaben in der Küche habe ich oft noch in anderen Departements mitgeholfen, ganz einfach weil es so viel Spaß machte.

Danach folgten noch andere Gemeinschafts-Erfahrungen, sowie Alleine-Leben, Reisen, Arbeit in der Gastronomie und Studium alternativer Heilmethoden. Dabei wurde ich mir meiner Motivationen und echten Wünsche immer klarer – außerdem lernte ich viel über zwischenmenschliche Mechanismen und Gruppenprozesse.

In meinen ersten Communities bin ich meist mit dem Strom mitgeschwommen – war introvertiert & schüchtern und habe viel meditiert. Was heißt, es waren meist die anderen, die aktiv bestimmten, wohin es insgesamt gehen solle, obwohl ich für die Koordination in meinem Fachgebiet selbst verantwortlich war. Als ich dann im späteren Leben selbstsicherer auch meine eigenen Vorstellungen durchsetzen wollte, stellte ich fest, dass wir in unserer Gesellschaft ganz offensichtlich keine Methoden gelernt haben, wie wir die Wünsche aller Beteiligten harmonisch unter einen Hut kriegen können. Woher denn auch: in unserer Gesellschaft ist es üblich, dass man entweder Chef oder folgsamer Untergebener zu sein hat. Also muss man sich entscheiden: wer extrovertiert genug ist, setzt sich durch – und die Sanftmütigen, die keine Lust auf heftige Auseinandersetzungen haben, die folgen halt – oder sie versuchen, sich dem Ganzen mit unterschiedlichsten Methoden zu entziehen. Und Demokratie halte ich nicht für die Lösung, die finde ich zwar besser als Diktatur, doch glückselig lächelnden Menschen bin ich morgens um 7 Uhr in der U-Bahn noch nie begegnet ……..

Was ich hier möchte, ist eine neue Art & Weise des Zusammen-Lebens. Eine, die nicht auf den alten Mechanismen beruht, sondern darauf, dass alle gleich wichtig sind. Wo jeder Chef in seinem Fachgebiet ist, sein Wissen teilt – und auch auf neue Ideen horcht und sich freut, von anderen lernen zu können. Wo man gemeinsam die am besten für alle passenden Wege findet – in gegenseitigem Vertrauen, Vertrauen in sich selbst und Vertrauen ins große Ganze. Und falls man das noch nicht immer in sich verspürt: jeder kanns lernen, wenn er dazu bereit ist, ehrlich nach innen zu schauen. Und wo jeder sich motiviert, seinen Hintern hochzukriegen, um was fürs Allgemeinwohl (und damit für sich selbst) beizusteuern.

Doch sooo neu ist das alles nun auch wieder nicht – funktionierende Experimente dazu hat es immer gegeben und gibt es derzeit auf der Erde auch genug. Und die Beteiligten versuchen täglich von Neuem, aktiv gemeinsam Lösungen zu finden, in denen alle Beteiligten sich ihre Wünsche erfüllen können – und bei unterschiedlichen Meinungen aktiv in Respekt & Toleranz neue Lösungswege probieren.

Ja Leute, klingt teilweise etwas pathetisch, was? Hab das eben Geschriebene grad noch mal durchgelesen – doch sorry, wenn ich in mich hinein horche: es ist meine Wahrheit.

Ich habe auch so meine ganz persönlichen Ängste, was die Gemeinschaft betrifft: Werden die Menschen, die kommen, auch zu mir passen? Werden sie mich so akzeptieren können wie ich bin? Wird mein Konzept aufgehen, oder verlieren wir uns doch wieder in alten Mustern? Was würde ich dann machen – gehen – bleiben? Werde ich wirklich so glücklich sein, wie ich mir das erhoffe? Wird es auf der praktischen Ebene mit Geld-Verdienen und Selbstversorgung klappen? — Nun ja, eigentlich die ganz normalen Befürchtungen, die jeden von uns in irgendeiner Form manchmal heimsuchen – ich höre meinem Verstand dann zu, und erkläre mir (und ihm) dann, dass das alte Ängste aus der Vergangenheit sind und wir unsere Gegenwart & Zukunft in unseren eigenen Händen halten – wir kreieren unsere eigene Realität jeden Moment neu mit dem, was wir ausstrahlen.

Zurzeit verzettele ich mich etwas, weil ich alle Bereiche irgendwie abdecken will, oder zumindest so weit als möglich vorbereiten – und manchmal kann ich mich auch nicht so recht motivieren zur Arbeit, weil es ganz einfach so viel ist, was alles zu tun ist. Ab und zu denke ich, es wär einfacher, wenn schon mehr Leute hier wären – dann könnten wir gemeinsam entscheiden, welches die nächsten Schritte sind, damit ich jetzt nicht Sachen vorbereite, die später möglicherweise ganz anders gebraucht werden.

Mein erstes Jahr hier habe ich oft einfach nur die Natur genossen und häufig nur das Nötigste getan – und mir ist bewusst, dass Neuankömmlinge hier auch erstmal ihre Zeit brauchen, um zu sich selbst zu finden und die alten Muster hinter sich zu lassen. Trotzdem müssen wir es irgendwie schaffen, auch in den Kennenlern-Phasen hier genug auf die Reihe zu kriegen, dass das Projekt gut voran geht.

Wer auch immer Interesse hat, eine Weile dabei mitzuhelfen dieses Projekt mit aufzubauen – oder Lust verspürt, hier ganz einzusteigen, ist herzlich willkommen! Packt eure Rucksäcke und Bergschuhe ein und macht euch auf die Socken!

Freunde, ich freue mich auf euch  :-D


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